Hallo allerseits,
wundert mich nicht, daß die Verhaltensweisen der Wölfe in "The Grey" nicht wirklich zu dem passen, was Tierforscher an Kenntnissen haben; meiner Ansicht nach geht es in dem Film von Joe Carnahan ("Smoking Aces") nämlich überhaupt nicht um die Wölfe, die hier einfach nur die Rolle des typischen "Movie Monsters" spielen. Genausogut hätte man vermutlich Bären, Fantasymonster oder Außerirdische entsprechend sensationalisieren können, und einen ganz ähnlichen Film bekommen.
Um's gleich vorweg zu sagen - ich geb dem Film eine glatte Drei. Ich fand "The Grey" nicht wirklich langweilig (trotz der Oscars in der Nacht zum Montag, durch die ich beim Abspann schon fast 28 Stunden am Stück wach war, mußte ich nicht mit Müdigkeit kämpfen), auch wenn das Skript nicht viel zu bieten hatte. Im Kern besteht der Film eigentlich nur aus zwei Elementen: Zum einen wäre da der innere Monolog von Liam Neesons Ottway, ein gebrochener, latent lebensmüder, eigenbrötlerischer Mann, bei dem durch den Absturz die Überlebensinstinkte einsetzen und der ungewollt zum Anführer der kleinen Gruppe Überlebender wird. Obwohl dieser Aspekt gerade mit Fortgang des Films mehr in den Hintergrund gerät und ich im Endeffekt gerne mehr über Ottway erfähren hätte, ist dies trotzdem der gelungenste Teil von "The Grey" - wobei hier viel natürlich auch an Liam Neeson liegt, der ja inzwischen mehr und mehr zum Go-To-Guy Hollywoods für die Aufwertung unterentwickelter Charaktere in zweitklassigen Filmideen wird ("Taken 2" z.B. wird gerade gedreht...). Ich bin jedenfalls der festen Ansicht, daß dieser Film mit einem weniger charismatischen Hauptdarsteller nicht funktioniert hätte.
Dies ist umso entscheidender, weil das andere tragende Element von "The Grey" generischer kaum sein kann - die Flucht vor den Wölfen ist lupenreines "Ten Little Indian" 101, sogar die Reihenfolge, in denen die Mitglieder der Überlebendengruppe das Zeitliche segnen, ist fürchterlich vorhersehbar. Dazu sind Ihre Charaktere geradezu lieblos eindimensional ausgefallen, mehr als ein Wesenszug (der Witzbold, der Aufmüpfige, der Ruhige, der Aufrechte ...) pro Person war offenbar nicht drin. So ist man mehr als einmal fast froh, wenn die Gruppe wieder reduziert wird - gerne auch durch kollektive Fehler oder durch Wölfe, die es offenbar schaffen, absolut lautlos an die Menschen heranzukommen. Aber zu den Wölfen hat emma ja schon die passenden Quellen herausgesucht...
Abseits dieser fast schon Slasherfilmniveau erreichenden Klischees fast ich "The Grey" optisch und akkustisch allerdings durchaus gelungen - die Bedrohlichkeit der Szenerie, selbst ohne Wölfe, kam für mich hier jedenfalls wesentlich besser herüber als in dem von emma bereits erwähnten "The Way Back". Das Pfeifen der arktischen Winde über diese konturlose Schneewüste ließ einen die Kälte fast spüren. Last, but not least muß ich auch noch eine Lanze für den Schluß des Filmes brechen (das ja bei den Zuschauern im Saal etwas für Unmut gesorgt hatte), denn ich fand dies nicht nur wenig überraschend, sondern geradezu zwangsläufig - anders konnte der Film gar nicht enden, denn
Alles in allem wechseln sich in "The Grey" also brilliante und generische Momente ab, was eine Note im Mittelmaß gerecht erscheinen läßt, wobei für mich hier der Unterhaltungswert den Unterschied ausmachte; trotz dieser recht milden Bewertung sollte man sich über den B-Movie-Status dieses Abenteuerfilms keinen Illusionen hingeben. Und bevor ich jetzt noch anfange, über "Grauzonen" oder Ähnliches zu kalauern, belasse ich es einfach dabei.
Gruß
Kasi Mir