#1504 Nosferatu (2024)
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#1504 Nosferatu (2024)
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Re: #1504 Nosferatu (2024)
Bei der Erstsichtung am Samstag hatte ich nachher schon das gefühl, dass wenn der Film in der Sneak laufen sollte, er es bei den meisten nicht so einfach haben wird. So kam es, es liefen einige recht schnell weg, andere immer wieder im Verlauf des Films, was ich ab einer gewissen Dauer kaum nachvollziehen kann. Im Savoy wurde beim Nachspann geklatscht, bei uns irgendwo hinten gelacht...
Was haben wir hier und warum bin ich so begeistert?
Eggers hat bei seinen bisher 4 Filmen nun seinen zweiten Film in einer Art inszeniert, die sehr an den Stummfilm bzw die frühen Tonfilme erinnert. Starre personenzentrierte Bilder durchweg, Spiel mit Schatten und teilweise an overacting erinnernde wildes Gestikulieren (somit muss ich wohl dem Lighthouse eine zweite Chance geben, den hatte ich deswegen für absolut mies abgehakt). Hier fiel mir das natürlich auf, weil ich das Original kenne und viele Ähnlichkeiten nicht zu übersehen sind. Aber es ist nun mal ein Film der ganze 102 Jahre nach dem Original gedreht wurde - es stösst also alt auf neu, denn man findet auch einige relativ neue Stilmittel der heutigen Zeit, darunter auch ein paar ziemlich eklig gehaltene Bilder und auch vereinzelte Jumpscares werden angedeutet. Und damit sind wir bei dem Punkt, bei dem mich der Film eingefangen hat: Alt trifft nämlich auf neu auch in der Handlung und das mehrfach, da haben wir offensichtlich zwei übernatürliche Personen, die eine alt und angefault und die andere hübsch und jung.
Aber auch das Thema Vampirismus wird aus alter und neuer Sicht zusammengebracht (hier könnte ich weit ausschweifen, ist nun mal eins meiner Fachgebiete aber bei Interesse kann ja gerne nachgefragt werden...) Nur kurz verbreitete sich die Sage um Nachtgänger parallel zu der Ausbreitung der Pest, "nosferatu" ist aus dem Griechischen abgeleitet und kann mit "Krankheitsbringer" übersetzt werden. Parallel entwickelte sich die moderne Medizin in Forschung und Behandlungsmethoden. Beide konkurierten lange, bis die Kirche sich am Aberglauben störte und vieles dieser Bewreiche in den Hexenprozessen beendete. Dieser Gegensatz wird deutlich in der von Willem Dafoe gespielten Rolle dargestellt. Er ein Forscher in den alten Wissenschaften mit starken Zweifeln an den modernen Behandlungsmethoden. Unterstrichen wird die alte Sicht noch durch eine stark an den Exozisten erinnernde Austreibungsszene, die mich zuerst etwas erstaunt hatte aber im Detail eher unwichtig und viel mehr als "Beweis" für das Übernatürliche funktioniert. Am Ende kommt es dann genauso, wie es in der alten Schrift steht (diese Quelle muss ich noch rausbekommen, was sie da für ein Buch genau finden, leider eine der relativ kurz gefassten Szenen, bei der ich das bei der Zweitsichtung erneut nicht genau ausmachen konnte.
Und zu guter Letzt die Geschichte. Ursprünglich plante Murnau Dracula zu verfilmen, was ihm von den Angehörigen untersagt wurde, so schrieb er die Geschichte leicht um, änderte die Namen und nannte den Film Nosferatu... Bei einigen Leuten gilt Murnaus Film als die bisher beste Draculaverfilmung und auf dem Tenor singt auch Eggers Film kräftig mit. Im Nachspann werden beide Werke als Quelle genannt, alt und neu mal wieder vereint...
Soviel gibt mir der Film und ich denke das war nicht das letzte Mal, dass ich mir den angesehen habe, es gibt bestimmt noch mehr zu entdecken, nicht nur dieses mysteriöse Buch...
...
Aber meine 1 bekommt ein Minus, weil ich die Stimme von Skarsgard als Graf Orlok etwas zu übertrieben fand, obwohl es beim zweiten Mal erträglicher war...
Was haben wir hier und warum bin ich so begeistert?
Eggers hat bei seinen bisher 4 Filmen nun seinen zweiten Film in einer Art inszeniert, die sehr an den Stummfilm bzw die frühen Tonfilme erinnert. Starre personenzentrierte Bilder durchweg, Spiel mit Schatten und teilweise an overacting erinnernde wildes Gestikulieren (somit muss ich wohl dem Lighthouse eine zweite Chance geben, den hatte ich deswegen für absolut mies abgehakt). Hier fiel mir das natürlich auf, weil ich das Original kenne und viele Ähnlichkeiten nicht zu übersehen sind. Aber es ist nun mal ein Film der ganze 102 Jahre nach dem Original gedreht wurde - es stösst also alt auf neu, denn man findet auch einige relativ neue Stilmittel der heutigen Zeit, darunter auch ein paar ziemlich eklig gehaltene Bilder und auch vereinzelte Jumpscares werden angedeutet. Und damit sind wir bei dem Punkt, bei dem mich der Film eingefangen hat: Alt trifft nämlich auf neu auch in der Handlung und das mehrfach, da haben wir offensichtlich zwei übernatürliche Personen, die eine alt und angefault und die andere hübsch und jung.
Aber auch das Thema Vampirismus wird aus alter und neuer Sicht zusammengebracht (hier könnte ich weit ausschweifen, ist nun mal eins meiner Fachgebiete aber bei Interesse kann ja gerne nachgefragt werden...) Nur kurz verbreitete sich die Sage um Nachtgänger parallel zu der Ausbreitung der Pest, "nosferatu" ist aus dem Griechischen abgeleitet und kann mit "Krankheitsbringer" übersetzt werden. Parallel entwickelte sich die moderne Medizin in Forschung und Behandlungsmethoden. Beide konkurierten lange, bis die Kirche sich am Aberglauben störte und vieles dieser Bewreiche in den Hexenprozessen beendete. Dieser Gegensatz wird deutlich in der von Willem Dafoe gespielten Rolle dargestellt. Er ein Forscher in den alten Wissenschaften mit starken Zweifeln an den modernen Behandlungsmethoden. Unterstrichen wird die alte Sicht noch durch eine stark an den Exozisten erinnernde Austreibungsszene, die mich zuerst etwas erstaunt hatte aber im Detail eher unwichtig und viel mehr als "Beweis" für das Übernatürliche funktioniert. Am Ende kommt es dann genauso, wie es in der alten Schrift steht (diese Quelle muss ich noch rausbekommen, was sie da für ein Buch genau finden, leider eine der relativ kurz gefassten Szenen, bei der ich das bei der Zweitsichtung erneut nicht genau ausmachen konnte.
Und zu guter Letzt die Geschichte. Ursprünglich plante Murnau Dracula zu verfilmen, was ihm von den Angehörigen untersagt wurde, so schrieb er die Geschichte leicht um, änderte die Namen und nannte den Film Nosferatu... Bei einigen Leuten gilt Murnaus Film als die bisher beste Draculaverfilmung und auf dem Tenor singt auch Eggers Film kräftig mit. Im Nachspann werden beide Werke als Quelle genannt, alt und neu mal wieder vereint...
Soviel gibt mir der Film und ich denke das war nicht das letzte Mal, dass ich mir den angesehen habe, es gibt bestimmt noch mehr zu entdecken, nicht nur dieses mysteriöse Buch...
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Aber meine 1 bekommt ein Minus, weil ich die Stimme von Skarsgard als Graf Orlok etwas zu übertrieben fand, obwohl es beim zweiten Mal erträglicher war...
Peace, Roughale (aka Roughoul or AROHYOUGEEAGEAYELEE)
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Re: #1504 Nosferatu (2024)
Hallo allerseits,
frohes neues Jahr allerseits!
der Film brauchte in etwa eine Stunde, bis er für mich so richtig Fahrt aufnahm. Bis dahin sah er zwar gut aus und war auch ordentlich vertont (mehr dazu weiter unten) wirkte aber wie ein abgefilmtes Theaterstück auf mich. Ab etwa der Ein-Stunden-Marke – spätestens, als Professor von Franz (Willem Dafoe) so richtig zu agieren begann – nahm die Erzählung aber fahrt auf. Das Original von 1922 ist halt eine gute halbe Stunde kürzer, und ich fand nicht, daß diese zusätzliche Zeit wirklich inhaltlich gerechtfertigt war.
Die zweite Stunde ist dann aber brillant. Die Seuche, der die Stadt Wisberg anheimfällt, und die ein Gutteil der Bevölkerung dahinrafft, bot eine gute Kulisse für die Probleme der Protagonisten, die nach einem Ausweg aus dem sich anbahnenden Desaster suchten. Nicholas Hoult spielt hier der von die Situation gänzlich überforderten Thomas, der seine Ehefrau vor dem Zugriff durch Graf Orlok (Bill Skarsgård) bewahren will, sein Freund Friedrich (Aaron Tayor-Johnson, der im Dezember sich um eine Oscar- als und eine Razzie-Nominierung beworben hat) versucht derweil seine eigene Familie zu beschützen und hat Sorgen, ob er sich mit Thomas‘ frischgebackener Ehefrau Ellen (Lily-Rose Depp, die tatsächlich schauspielern kann) nicht die Probleme direkt ins Haus geholt hat, und Professor von Franz, der alte Werke nach Gegenmitteln für die Seuche und für Graf Orlok durchforstet, geben dem Film hier eine hektische Grundstimmung, die bis zum Ende bleibt; dabei adaptiert Eggers nicht nur das Original von 1922 sondern bringt auch Teile der Originalgeschichte von Bram Stoker – die man damals nicht verfilmen konnte, wollte oder durfte, wieder zurück in die Handlung, und macht zahllose Referenzen an ein Jahrhundert Gothic Horror auf der Leinwand.
Warum ich keine „Eins“ vergebe? Nun, das liegt im westlichen an bei ersten Stunde, die wie oben erwähnt Pacing-Probleme hatte – und an der Abmischung des Films, die immer wieder (wie auch bei neueren Nolan-Filmen der Fall) Dialoge in Soundtrack und in Soundeffekten ertränkt, so daß es zuweilen schwierig ist, dem Gesagten zu folgen – und vielleicht an meiner Zögerlichkeit Einsen zu verteilen. Eine „Zwei“ verdient der Film aber auch in meinen Augen vollauf – damit landet er kurz vor Toresschluß 2024 noch auf Platz 4 meiner Sneak-Rangliste (und Platz 8 meiner Gesamt-Filmliste für 2024).
Dann schauen wir mal, was 2025 filmisch so bringen wird. Die erste Sneak in am 6. Januar.
Gruß
Kasi Mir
frohes neues Jahr allerseits!
der Film brauchte in etwa eine Stunde, bis er für mich so richtig Fahrt aufnahm. Bis dahin sah er zwar gut aus und war auch ordentlich vertont (mehr dazu weiter unten) wirkte aber wie ein abgefilmtes Theaterstück auf mich. Ab etwa der Ein-Stunden-Marke – spätestens, als Professor von Franz (Willem Dafoe) so richtig zu agieren begann – nahm die Erzählung aber fahrt auf. Das Original von 1922 ist halt eine gute halbe Stunde kürzer, und ich fand nicht, daß diese zusätzliche Zeit wirklich inhaltlich gerechtfertigt war.
Die zweite Stunde ist dann aber brillant. Die Seuche, der die Stadt Wisberg anheimfällt, und die ein Gutteil der Bevölkerung dahinrafft, bot eine gute Kulisse für die Probleme der Protagonisten, die nach einem Ausweg aus dem sich anbahnenden Desaster suchten. Nicholas Hoult spielt hier der von die Situation gänzlich überforderten Thomas, der seine Ehefrau vor dem Zugriff durch Graf Orlok (Bill Skarsgård) bewahren will, sein Freund Friedrich (Aaron Tayor-Johnson, der im Dezember sich um eine Oscar- als und eine Razzie-Nominierung beworben hat) versucht derweil seine eigene Familie zu beschützen und hat Sorgen, ob er sich mit Thomas‘ frischgebackener Ehefrau Ellen (Lily-Rose Depp, die tatsächlich schauspielern kann) nicht die Probleme direkt ins Haus geholt hat, und Professor von Franz, der alte Werke nach Gegenmitteln für die Seuche und für Graf Orlok durchforstet, geben dem Film hier eine hektische Grundstimmung, die bis zum Ende bleibt; dabei adaptiert Eggers nicht nur das Original von 1922 sondern bringt auch Teile der Originalgeschichte von Bram Stoker – die man damals nicht verfilmen konnte, wollte oder durfte, wieder zurück in die Handlung, und macht zahllose Referenzen an ein Jahrhundert Gothic Horror auf der Leinwand.
Warum ich keine „Eins“ vergebe? Nun, das liegt im westlichen an bei ersten Stunde, die wie oben erwähnt Pacing-Probleme hatte – und an der Abmischung des Films, die immer wieder (wie auch bei neueren Nolan-Filmen der Fall) Dialoge in Soundtrack und in Soundeffekten ertränkt, so daß es zuweilen schwierig ist, dem Gesagten zu folgen – und vielleicht an meiner Zögerlichkeit Einsen zu verteilen. Eine „Zwei“ verdient der Film aber auch in meinen Augen vollauf – damit landet er kurz vor Toresschluß 2024 noch auf Platz 4 meiner Sneak-Rangliste (und Platz 8 meiner Gesamt-Filmliste für 2024).
Dann schauen wir mal, was 2025 filmisch so bringen wird. Die erste Sneak in am 6. Januar.
Gruß
Kasi Mir
"Sometimes, you can still catch me dancing in it."
"My mind has an endless capacity for useless information."
"My mind has an endless capacity for useless information."