Hallo allerseits,
ich kann mich bei "Man of Steel" nicht zu mehr als einer Drei durchringen; meine persönliche Enttäuschung von Zack Snyders Interpretation des nach Ansicht vieler langweiligsten Superhelden würde vermutlich eine noch niedrigere Note rechtfertigen, aber realistisch betrachtet ist der Film eben nicht annähernd - Zitat Jim - as bad as a superhero movie could get. Er macht seine Sache ordentlich, legt aber viel zuviel Wert auf Prügelei und Zerstörung und versagt dabei, Kal-El als Figur näher zu bringen und seine Universum mit interessanten Charakteren zu bevölkern.
Full disclosure: ich gehöre zu den Leuten, denen "Superman Returns" von Bryan Singer trotz seiner Schwächen (u.a. zu viel Augenmerk auf Persönliches und/oder Sentimentales, zu wenig tatsächliche Superhelden-Aktionen, schwache Lois Lane) eigentlich recht gut gefiel. Insofern hoffte ich, daß Snyder und Batman-Regisseur Nolan (der hier als Produzent und Story-Co-Autor fungiert) die Schwächen ausbügeln und das Gute beibehalten. Tatsächlich verfällt "Man of Steel" fast völlig ins andere Extrem, jegliche Charakterzeichnung und persönliche Entwicklung geht in einer Kakofonie aus Actionsequenzen unter, die alle zu lang und insgesamt auch zu gleichförmig geraten sind. Fast immer kämpfen entweder Menschen gegen Kryptonier, und damit auf verlorenem Posten - oder Kal-El prügelt sich mit seinen Gegnern, was hauptsächlich daraus besteht, sich gegenseitig in Dinge zu schleudern, schlagen oder treten, die explodieren, zerbrechen oder in Flammen aufgehen können. Da alle Kryptonier auf Erden praktisch unverletzbar sind, nehmen diese Szenen meist kein Ende; das ganze kulminiert dann in einem fast 45-minütigen Showdown, der eigentlich aus drei Showdowns hintereinander besteht, der es als Zerstörungsorgie locker mit jedem Roland-Emmerich-Film aufnehmen kann. Menschen sind bei diesem Finale entweder nicht zu sehen oder Teil der Zerstörungsmasse, um die sich auch Superman selbst nur punktuell kümmert - gerade soviel, um andeuten zu können, daß er ja eigentlich mal als Beschützer der Menschheit konzipiert war. Wer Superman erst durch "Man of Steel" kennenlernt, würde nie auf diese Idee kommen.
Alles andere ist in diesem Film ganz offensichtlich zweitrangig; so wird die sonst zentrale Beziehung zwischen dem Titelhelden und der Star-Reporterin Lois Lane in wenigen kurzen Szenen hingekritzelt, so daß man schon jemanden von der schauspielrischen Klasse einer Amy Adams braucht, um daraus eine halbwegs brauchbare Gesamtdarstellung zu machen. Bei Zeitungsboss Perry White (Laurence Fishburne) und seinen Mitarbeitern funktioniert selbst das nicht, es bleibt völlig im Unklaren, warum diese Figuren überhaupt im Film enthalten sind, denn sie werden weder richtig vorgestellt noch erfüllen sie irgendeinen Zweck in der Rahmenhandlung. Außer Kal-El/Clark Kent, dem kryptonischen General Zod (für Michael Shannon eine ähnlich 'fordernde' Rolle wie der Cop in #928 "Premium Rush") und Supermans Vater Jor-El (Russell Crowe) und mit Einschränkungen Lois Lane sind alle anderen Rollen in "Man of Steel" bloße Staffage, selbst wenn Leute wie Kevin Costner sie spielen.
Das alles schadet der fundamentalen Aufgabe einer sogenannten "Origin Story" - zu erklären, wie die Person zum Superhelden wird und was sie in ihrem Tun antreibt. Wenn man nach dieser Superman-Verfilmung dessen Motivation versteht, dann liegt das weniger an den kurzen Rückblenden und Dialogen zwischen der Action, sondern daran, daß Superman der wohl bekannteste Superheld überhaupt ist und die Zuschauer eigentlich gar keine "Origin Story" benötigen würden. Dazu - vermutlich eine bewußte Entscheidung, die den Charakter düsterer und 'tiefgründiger' machen soll - haben Snyder/Nolan praktisch alle sentimentalen Momente und nahezu den gesamten Humor, der Superman-Geschichten normalerweise zueigen ist, gestrichen. Folgerichtig wirkt "Man of Steel" über weite Strecken wie eine bierernste, siebtklässlerhumorfreie Variante von Michael Bays "Transformers" und beraubt dem "Man of Steel" seiner weichen Seite, seines Pinocchio-Komplexes (als Außerirdischer zu versuchen, so vorbildlich 'menschlich' wie möglich zu sein, und sich ein normales Leben zu wünschen, hat Superman immer ausgezeichnet). Dabei hat Snyder in seiner Comicadaption "Watchmen" gezeigt, daß er durchaus das Technische mit dem Menschlichen verbinden kann; hier klappt das leider weit weniger gut.
Was bleibt dann noch? Nun, "Man of Steel" sieht gut aus, auch wenn die Actionszenen mit der Zeit ermüden (nicht wahr, Jim?
), so ist er zumindest schön anzuschauen. Außerdem ist der Film bis in die kleineren Rollen hochkarätig besetzt, was dafür sorgt, daß die Schauspieler, wenn sie tatsächlich mal schauspielern dürfen, ihre Sache sehr gut machen. Und das Drehbuch hat bei aller Kritik deutlich weniger Schwachstellen als z.B. bei "Green Lantern" oder beim DC-Comic-Kollegen "Green Hornet". Das alles ergibt einen ordentlich unterhaltsamen Kinoabend, wenn man nicht gerade einen neuen "Dark Knight" oder "Spider-Man 2" erwartet; mehr als eine Drei ist das in meinen Augen aber nicht wert. Ich hoffe, daß die unausweichliche Fortsetzung (vermutlich) 2015 dann wieder mehr nach Superman und weniger nach computergeneriertem Fratzengeballer aussieht; zumindest hat "Man of Steel" dafür den Grundstein gelegt.
Gruß
Kasi Mir