#562 Red Eye
Verfasst: 2005-08-30 0:26
Hallo allerseits,
zunächst einmal für Roughale und Smiley: "Red-Eye" ist US-Slang für einen Spät- oder Übernachtflug, weil man dann mit roten Augen aus dem Flugzeug aussteigt.
Zum Glück läßt Wes Cravens "Red Eye" - nach vielen grauenvollen "Wes Craven presents" mal wieder ein Original von ihm - die Augen der Zuschauer nicht blutunterlaufen, denn der Film ist überraschend unterhaltsam. Unterhaltsamer jedenfalls, als es das Drehbuch verdient, das so ziemlich jedes mögliche Klischee aus dem Erpressungs-Subgenre herausholt.
Dabei fängt der Film harmlos, fast langweilig an; fast könnte man der Ansicht sein, den Anfang von "Airport 2005" zu sehen, so akribisch mühen sich Craven und Autor Carl Ellsworth, die für einen Katastrophenfilm gängigen Pappkameraden vorzustellen. Hier ist es natürlich von Nachteil, daß man als Sneaker den Trailer zu "Red Eye" gesehen hat, der einem verrät, daß es sich dabei nur um eine große Finte handelt.
So vergehen 25 Minuten, die immerhin beim unbedarften Zuschauer (gibt es solche eigentlich überhaupt noch?) etwas Spannung aufkommen lassen werden, bis der Film dann zu dem Thriller wird, der er eigentlich sein will. Dabei funktionieren die Szenen im Flugzeug eigentlich ganz ordentlich; sowohl Rachel McAdams als auch Cillian Murphy machen ihre Sache hier gut und erwecken die nicht besonders ausgefeilten Charaktere zum Leben. Über die restlichen Nebenfiguren hingegen lohnt es sich kaum, ein Wort zu verlieren; sie sind bloße Plot Devices, die bei ein oder zwei Details als
Sparringpartner für die Hauptakteure benötigt werden.
Bei der Landung in Miami beginnt dann der Showdown, in dem McAdams' Lisa hektisch versucht, sowohl den Vater als auch den Heimatschutzminister zu retten; hier erreicht der Film sein höchstes Tempo, allerdings auch den geringsten Grad an Originalität. Es gibt die übliche Mischung aus Verfolgungsjagd, Hindernislauf und Telefonaten, die dann in einem für diese Art Film völlig untypischen Schlußakkord enden: der finalen Konfrontation der beiden Gegenspieler im Haus der Protagonistin. Typisch allerdings für Wes Craven, der Serienkiller und potentelles Opfer gerne in Zweikämpfe mit improvisierten und echten Waffen schickt. Bloß daß Murphys Rippner eben kein Serienkiller ist, sondern nur ein wütender und nicht besonders cleverer Organisator.
Damit erfüllt er natürlich alle Bedingungen für einen der bekanntesten Filmschurken-Prototypen überhaupt: den allmächtigen Idioten. Was Rippner in den ersten zwei Dritteln an Umsicht und furcheinflüßender Souveränität zeigt, macht er am Schluß mit blanker Dummheit locker wieder wett und überbietet dabei sogar noch seinen lächerlichen Profikiller an Inkompetenz. So läßt er gleich mehrere Chancen aus, die Initiative zurückzugewinnen (oder sich einfach nur an Lisa zu rächen), indem er den handlungsunfähigen Vater in seine Gewalt bringt - stattdessen stolziert er weiter unbeholfen durchs Haus und läßt sogar die Chance, Lisa während ihres Telefonats mit der Polizei zu überrumpeln, ungenutzt. Zu dieser Zeit sind die Logikfehler in "Red Eye" aber ohnehin schon unübersehbar, so daß sich der Gesamteindruck nicht mehr wesentlich verschlechtert.
Was bleibt, ist ein nicht besonders origineller Film mit einem leidlich originellen Anfang, in dem die beiden beiden Hauptdarsteller es immerhin bis kurz vor Schluß schaffen, daß maue Drehbuch in Schach zu halten und den Zuschauer von dem Blödsinn abzulenken, der da gerade auf der Leinwand passiert. Dazu ist der Film (mit 75 Minuten sehr) kurz, knapp und auf den Punkt gebracht - keine Szene verschwendet allzuviel Zeit mit Klischees, und selbst wenn danach wieder nur ein Klischee folgt, so ist es doch immer schnell vorbei. Für diese Leistung gibt es eine grundsolide Drei von mir - das nächste Mal sollte Wes Craven das Drehbuch aber vielleicht nochmal überarbeiten lassen, denn er kann sich sicherlich nicht darauf verlassen, jedesmal mit Schauspielern wie McAdams oder Murphy arbeiten zu können.
Gruß
Kasi Mir
zunächst einmal für Roughale und Smiley: "Red-Eye" ist US-Slang für einen Spät- oder Übernachtflug, weil man dann mit roten Augen aus dem Flugzeug aussteigt.
Zum Glück läßt Wes Cravens "Red Eye" - nach vielen grauenvollen "Wes Craven presents" mal wieder ein Original von ihm - die Augen der Zuschauer nicht blutunterlaufen, denn der Film ist überraschend unterhaltsam. Unterhaltsamer jedenfalls, als es das Drehbuch verdient, das so ziemlich jedes mögliche Klischee aus dem Erpressungs-Subgenre herausholt.
Dabei fängt der Film harmlos, fast langweilig an; fast könnte man der Ansicht sein, den Anfang von "Airport 2005" zu sehen, so akribisch mühen sich Craven und Autor Carl Ellsworth, die für einen Katastrophenfilm gängigen Pappkameraden vorzustellen. Hier ist es natürlich von Nachteil, daß man als Sneaker den Trailer zu "Red Eye" gesehen hat, der einem verrät, daß es sich dabei nur um eine große Finte handelt.
So vergehen 25 Minuten, die immerhin beim unbedarften Zuschauer (gibt es solche eigentlich überhaupt noch?) etwas Spannung aufkommen lassen werden, bis der Film dann zu dem Thriller wird, der er eigentlich sein will. Dabei funktionieren die Szenen im Flugzeug eigentlich ganz ordentlich; sowohl Rachel McAdams als auch Cillian Murphy machen ihre Sache hier gut und erwecken die nicht besonders ausgefeilten Charaktere zum Leben. Über die restlichen Nebenfiguren hingegen lohnt es sich kaum, ein Wort zu verlieren; sie sind bloße Plot Devices, die bei ein oder zwei Details als
Sparringpartner für die Hauptakteure benötigt werden.
Bei der Landung in Miami beginnt dann der Showdown, in dem McAdams' Lisa hektisch versucht, sowohl den Vater als auch den Heimatschutzminister zu retten; hier erreicht der Film sein höchstes Tempo, allerdings auch den geringsten Grad an Originalität. Es gibt die übliche Mischung aus Verfolgungsjagd, Hindernislauf und Telefonaten, die dann in einem für diese Art Film völlig untypischen Schlußakkord enden: der finalen Konfrontation der beiden Gegenspieler im Haus der Protagonistin. Typisch allerdings für Wes Craven, der Serienkiller und potentelles Opfer gerne in Zweikämpfe mit improvisierten und echten Waffen schickt. Bloß daß Murphys Rippner eben kein Serienkiller ist, sondern nur ein wütender und nicht besonders cleverer Organisator.
Damit erfüllt er natürlich alle Bedingungen für einen der bekanntesten Filmschurken-Prototypen überhaupt: den allmächtigen Idioten. Was Rippner in den ersten zwei Dritteln an Umsicht und furcheinflüßender Souveränität zeigt, macht er am Schluß mit blanker Dummheit locker wieder wett und überbietet dabei sogar noch seinen lächerlichen Profikiller an Inkompetenz. So läßt er gleich mehrere Chancen aus, die Initiative zurückzugewinnen (oder sich einfach nur an Lisa zu rächen), indem er den handlungsunfähigen Vater in seine Gewalt bringt - stattdessen stolziert er weiter unbeholfen durchs Haus und läßt sogar die Chance, Lisa während ihres Telefonats mit der Polizei zu überrumpeln, ungenutzt. Zu dieser Zeit sind die Logikfehler in "Red Eye" aber ohnehin schon unübersehbar, so daß sich der Gesamteindruck nicht mehr wesentlich verschlechtert.
Was bleibt, ist ein nicht besonders origineller Film mit einem leidlich originellen Anfang, in dem die beiden beiden Hauptdarsteller es immerhin bis kurz vor Schluß schaffen, daß maue Drehbuch in Schach zu halten und den Zuschauer von dem Blödsinn abzulenken, der da gerade auf der Leinwand passiert. Dazu ist der Film (mit 75 Minuten sehr) kurz, knapp und auf den Punkt gebracht - keine Szene verschwendet allzuviel Zeit mit Klischees, und selbst wenn danach wieder nur ein Klischee folgt, so ist es doch immer schnell vorbei. Für diese Leistung gibt es eine grundsolide Drei von mir - das nächste Mal sollte Wes Craven das Drehbuch aber vielleicht nochmal überarbeiten lassen, denn er kann sich sicherlich nicht darauf verlassen, jedesmal mit Schauspielern wie McAdams oder Murphy arbeiten zu können.
Gruß
Kasi Mir