Roughale hat geschrieben:Also die Pornodiskussion ist ja nun absoluter Quatsch, sorry XXL, aber es ist ok, seinen Ärger abzulassen, aber man sollte auch bei der Sache bleiben. Bei Ken Park mag das fast schon zutreffen, weiss ich nicht genau, weil ich es zu Glück nicht lange genug im Kino aushielt.
Auch bei "Ken Park" ist das durchaus diskussionwürdig, denn xxl hat in seiner Zitierwut vergessen, daß wichtigste - die in der Rechtsprechung gültige Definition des Begriffes Pornografie - zu nennen:
"Als pornografisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuellen Dingen abzielt" (vgl. BGH 23,44;37,55).
Das sehe ich so nicht eindeutig erfüllt - z.B. dürften gerade die explizitesten Szenen dem 'lüsternen Interesse' des Betrachters eher weniger gefallen haben.
Bei "In the Cut" und "L.I.E." stellt sich die Frage IMHO gar nicht erst.
Auch von mir bekommt "In the Cut" übrigens eine Fünf - Jane Campion ("Das Piano") hat eindrucksvoll bewiesen, daß sogenannte Erotikthriller auch "von Frauenhand" nichts taugen.
Ich habe schon lange keinen Film mehr gesehen, der so penetrant behauptete, ein Kunstwerk zu sein - von der sphärischen, fast immer entrückt wirkenden Musik über die Handkameraeinstellungen bis zu der Poesie in der U-Bahn schien alles "seht her, wie abgehoben ich bin" zu schreien.
Schade bloß, daß der Film nicht dazu paßte - im Kern ist "In the Cut" eine unterkühlte und spröde "Amour Fou" des französischen Kinos, der man die dort üblich Tendenz zur Schwafelei entrissen hat. Stattdessen bekommt man Plattitüden geliefert, die mit Slang- und Vulgärsprache gewürzt werden, um sie etwas interessanter zu machen; Charakterzeichnung findet fast überhaupt nicht statt. Außerdem fehlt dem Film eine Identifikationsfigur für die Zuschauer, damit man der Auflösung entgegenfiebert. Alles was man erhält, sind gebrochene, emotionsarme, zum Teil sediert wirkende Abziehbilder mit geringem Sympathiefaktor. Da ist es kein Wunder, daß einem die Auflösung bald egal wird.
Zumal die Thriller-Aspekte des Films vernachlässigbar sind - die Mordserie, um die sich die Handlung rankt, wird von Anfang bis Ende nebensächlich abgefertigt und nie vernünftig behandelt. Den Täter zu erraten, ist kaum möglich, da man ihm kaum begegnet - der deutlichste Hinweis auf den Mörder ist zudem so offensichtlich eine falsche Fährte, daß man schon fast verzweifelt ob der Dummheit, mit der Meg Ryans Figur mit ihrem Wissen umgeht. Da paßt es ins Bild, daß der Showdown unspektakulär und unbefriedigend (no pun intended) gerät.
Endgültig erstickt wird "In the Cut" durch seine extrem langsame und zähe Erzählweise, die an die Bewegung von Gletschern erinnert. Unzählbar sind die Szenen, in denen der Film wortlos auf schlecht beleuchteten, emotionslos-lakonischen Gesichtern verweilt und behauptet, damit etwas aussagen zu wollen. Zudem gibt es mehrere Nebenhandlungen, deren einziger Zweck es zu sein scheint, potentielle Täter zu produzieren (die einen dann doch nicht interessieren) - Kevin Bacon und Sharrieff Pugh als Ex-Freund und Student der Hauptfigur hätte man komplett rausschneiden können, ohne Wesentliches zu verlieren. Gut wäre der Film dadurch auch nicht geworden, aber 20 Minuten kürzer allemal, was ihn vielleicht nicht ganz so tranig hätte wirken lassen.
So bleibt aber nur eine Fünf - und die Bitte an alle Regisseure und Regisseurinnen, daß Genre des Eroktikthrillers mal ruhen zu lassen. Nach "Never talk to Strangers" (Sneak #64), "Jade" (#65), "Original Sin" (#348), "Killing me Softly" (#424) und "In the Cut" (#505) sollte klar sein, daß es praktisch unmöglich ist, einen guten solchen Film herzustellen.
Gruß
Kasi Mir